The Shift
Wie ich gelernt habe, aus der Erschöpfung auszusteigen – und mich selbst wiederzufinden
Es gibt Phasen im Lehrberuf – wie im Leben –, in denen man spürt, wie man gegen eine Wand aus Müdigkeit läuft.
Nicht eine Müdigkeit, die man mit Schlaf beheben kann.
Sondern eine Müdigkeit, die tief im Körper sitzt, als würde ein Teil von einem sagen:
„So kannst du nicht weiter machen.“
Nach einem Jahr des Lernens und einer mir kurz und gleichzeitig ewig erscheinenden Sommerpause, war ich wieder dort.
Ich war erschöpft, mein Körper schmerzte, aber ich war nicht wirklich “krank”. Ich spürte nur einfach, dass sich “fit sein” anders anfühlt.
Zwischen der äußeren Erwartung zu funktionieren und dem innerem Anspruch, meine Arbeit richtig gut zu machen, schleppte ich mich mit erkämpfter Freude und zynischen Bemerkungen über mein Lehrerinnendasein von einem Tag zum nächsten. Innerlich wünschte ich mir, ganz woanders zu sein. Ich fühlte nicht besonders viel Spaß, das Aufstehen am frühen Morgen war schwierig und Erfüllung in dem, was ich tat, fühlte ich auch nicht. Ich hatte mich mal wieder irgendwo am Weg leise aber sicher verloren.
Und das einzige, das mich interessierte, war mich selbst wiederzufinden. Aber es ist ja bekanntlich so, dass man sich nicht durchs Nachdenken wieder entdeckt. Aber vielleicht die Freude, dachte ich mir. Wenn ich doch nur tue, was mir Freude macht.
Da fiel mir ein Satz ein, den meine Mama mir immer wieder gesagt hatte, wenn sie mir von ihren Arbeitserfahrungen erzählte und der bei mir einfach hängengeblieben ist: “Ich habe nicht immer das gearbeitet, was mir Spaß gemacht hat, aber ich hatte immer Spaß, mit dem, was ich gearbeitet habe.”
Es ist so einfach manchmal. Und trotzdem ist es eben nicht einfach. Die Frage ist nicht unbedingt, wo ich die Freude wieder finde, sondern, ob ich sehen kann, dass ich sie kreiere.
Und dann passierte etwas Unerwartetes: Ich hatte weder einen neuen Plan, noch weniger Arbeit oder einfach mehr Disziplin.
Es war ein kurzer Moment der Klarheit:
Meine Erschöpfung ist nicht meine Identität.
Meine Erschöpfung ist ein Signal.
Und was für eines. Nicht unbedingt eines, das mir zeigen will: Du bist hier komplett falsch, das macht keine Freude mehr, mach was anderes - obwohl ich mir das ehrlicherweise schon wieder gedacht hatte.
Sondern ein Hinweis meines Nervensystems darauf, dass ich mich gerade zwischen zwei Welten bewege:
der Realität, in der ich täglich unterrichte, halte, begleite
und der Vision, in die meine Energie eigentlich fließen möchte
Zwischen diesen Räumen entsteht Reibung. Und Reibung macht müde.
In dem Moment, in dem ich verstanden hatte, wo ich mich befand, entschied mich, nicht mehr gegen diese Müdigkeit anzukämpfen. Sondern ihr zuzuhören.
„Erschöpfung ist keine Identität. Sie ist ein Signal, das uns zurück zu uns selbst führt.“
Ich saß nach einem langen Schultag in einer Fortbildung und kämpfte damit still zu sitzen und gleichzeitig die Augen offen zu halten - halb interessiert, halb innerlich abwesend. Und genau dort in diesem Zwischenraum erlaubte ich mir etwas, das etwas in mir löste:
„Es ist ok, diese Erschöpfung zu spüren.“
Ich spürte:
Ich darf müde und interessiert sein.
Ich darf feinfühlig sein und Grenzen setzen.
Ich darf mit Spaß unterrichten und Inhalte vermitteln.
Und ich erlaubte mir gleichzeitig einzugestehen:
Ich bin keine klassische Lehrerin. Ich will keine Rollen reproduzieren. Ich bin jemand, die Räume hält, eine die Energien balanciert, die mit Beziehung führt, die von innen heraus wirkt.
Ich bin – und ich sage das inzwischen ohne Zögern oder mich überheblich zu fühlen – eine Frequenzführerin, eine kulturelle Gestalterin von Bildung. Und die Schule ist mein Forschungsraum.
Mein Wert entsteht nicht durch „mehr Machen“. Sondern durch das, was durch mich wirkt.
So simpel es auch klingen mag, meistens entsteht der Widerstand nur dadurch, dass wir nicht akzeptieren können, wo wir uns gerade befinden.
Dieser Gedanke hat mich sofort zurück in meine eigene Mitte gebracht.
Der Shift zurück zu mir
Ich habe an diesem Tag eine Entscheidung getroffen:
Nicht aus der Müdigkeit heraus handeln, sondern aus meiner Frequenz heraus zurückkehren.
Ich kaufte mir Vitamine, nährte meinen Körper, ordnete meine Perspektive, hörte meiner Energie wieder zu, setzte Grenzen. Und hörte auf, mich mit der Erschöpfung zu identifizieren.
Und dann kam etwas zurück, das ich fast überhört hätte: Freude.
Nicht diese laute, ekstatische Freude. Sondern die leise, warme, stille Freude, die sagt:
„Du bist wieder bei dir.“
Diese Art Freude ist meine Navigation. Sie ist der Raum, aus dem ich mit Kindern arbeite. Sie ist die Frequenz, aus der ich Bildung anders gestalte. Und sie ist auch die Basis meines späteren Wirkens.
Was die Erschöpfung mir wirklich gezeigt hat
Ohne jetzt zu esoterisch oder abgehoben klingen zu wollen: Ich glaube, Erschöpfung entsteht oft nicht durch „zu viel Arbeit“. Sie entsteht durch innere Reibung:
wenn wir an einem Ort wirken, während ein Teil von uns schon weiter ist
wenn wir etwas verkörpern, das größer ist als der Rahmen, in dem wir uns bewegen
wenn wir feinfühlig sind in Systemen, die dafür nicht gebaut sind
wenn wir so viel spüren – und trotzdem „funktionieren“ sollen
Erschöpfung ist kein Feind, sondern ein Übergangsraum. Man könnte fast meinen - ein Initiationsmoment.
Sozusagen eine Schwelle zwischen Alt und Neu. Zwischen dem was man ist und dem, was man gerade wird.
Und in meinem Fall ist sie der Ort, an dem ich lernte:
✨ mich zu regulieren
✨ mich wiederzufinden
✨ meine Frequenz zu halten
✨ mich nicht in Systemen zu verlieren
✨ Bildung neu zu denken
✨ und mich nicht kleiner zu machen, als ich bin
„Ich bin selbst das stärkste Asset, das ich habe. “
Ich kann nur wirken, wenn ich bei mir bleibe.
Ich muss niemanden retten, ich muss nichts perfekt machen.
Ich muss eigentlich nur ich selbst sein: präsent, verbunden, ehrlich, mutig.
Und mir immer wieder diese Frage stellen: „Wo ist meine Frequenz gerade – und was braucht sie?“
Denn genau diese Selbstführung möchte ich Kindern weitergeben.
Nicht Auswendiglernen, nicht Funktionieren. Sondern:
Beziehungsfähigkeit. Eigenenergie. Klarheit. Neugier. Mut. Lebendigkeit.
Das ist Bildung. Das ist mein Weg. Und das ist erst der Anfang.
💭 Und du?
Kennst du diesen Moment, in dem die Müdigkeit nicht einfach Müdigkeit ist, sondern ein Hinweis darauf, dass etwas in dir sich verändern will?
Hast du schon einmal gespürt, dass Erschöpfung weniger ein Ende als vielmehr eine Einladung ist, wieder zu dir zurückzukehren?
Vielleicht bist du auch gerade zwischen zwei Welten — der, in der du funktionierst, und der, in der du eigentlich leben möchtest.
Was würde sich verändern, wenn du deiner inneren Stimme einen Moment länger zuhören würdest?
➤ Lies weiter in Teil 2 des Artikels “Metamorphose – Was Kinder spüren, wenn Erwachsene bei sich ankommen”
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Herzlichst, deine Sumaya